Zerfall in (analogen) Bildern

Die Erstellung der Team-Bilder stellte auch in diesem Semester für uns, Marc und Nicolaj, eine Herausforderung dar. Natürlich stellt sich die Frage: Wie lässt sich das Übergreifende Thema unserer Installation, der „Zerfall“, in die Porträts der Teammitglieder übertragen? Dabei kam die Idee auf, statt nur mit digitalen Technologien zu arbeiten, auch die analoge Fotografie mit einzubinden. Der 35 mm Film wird dann in verschiedene Substanzen eingeweicht (in unserem Fall Spülmittel, Limetten Tee und Essig) bevor er entwickelt wird, man nennt den Prozess manchmal auch „Film Suppe“. Wir lassen das Filmmaterial also zerfallen. Wie der Prozess genau funktioniert soll im Folgenden kurz erläutert werden.

Analoge Fotografie ist fast immer eine Hürde an und für sich. Es sind viele Variablen involviert, welche sich nie vollständig kontrollieren lassen. Insofern enthält analoge Fotografie immer auch eine Prise des Glücks oder Pechs des Zufalls.

Die erste Schwierigkeit stellte sich gleich zu Beginn: Alle Teammitglieder müssen zur gleichen Zeit vor Ort sein. Das war in unserem Fall nicht gegeben, digitale Bilder müssen also später irgendwie an den Film-Look angeglichen werden.

Weiterhin müssen die Bilder danach natürlich auch irgendwo entwickelt werden. Im Hauseigenen Laborschrank wurden allerdings noch einige nutzbare Chemikalien gefunden.

Nachdem in einem kleinen Fotoshooting ein Großteil des Teams abgelichtet wurde ging es an die Entwicklung. Die erste Rolle Filme wurde in Essig und Seife für vier Stunden eingelegt, die zweite in Limetten Tee und Essig.

Danach wird der Film kurz abgewaschen, in vollständiger Dunkelheit auf eine Spule aufgefädelt und in einen Lichtdichten Tank befördert. Farbnegativfilm wird im C41-Prozess entwickelt, der ist eigentlich für Industrielabore ausgelegt. Im Heimgebrauch besteht deshalb die größte Schwierigkeit darin die Temperatur der Chemikalien und des Entwicklertanks auf etwa 38 Grad zu halten.

Danach wird die Filmrolle zum trocken aufgehangen. Die Negative mit Hilfe einer Digitalkamera auf einem Lightpad durchleuchtet und abfotografiert. Eine kurze Analyse der fertigen Bilder zeigt: nett aber etwas wenig zerfall. Vermutlich wurden die einfach Filme nicht lange genug in der Suppe gebadet wurden oder die verwendeten Substanzen waren noch nicht alkalisch genug.

Die entwickelten Bilder sahen allerdings so aus als ließe sich der Look recht gut durch entsprechende Overlays auf Filmmaterial nachahmen.

Zweiter Versuch: Diesmal wurden die Filme (fast) ohne Motive über zwei Tage in Waschmittel gebadet. Die Filmrolle danach im Spagettistil direkt in den Tank gelegt (nicht unbedingt zur Nachahmung empfohlen). Dadurch ist die Emulsion an vielen Stellen abgeblättert, zerkratzt und durch das Spülmittel verlaufen.

Weiter ging‘s in der digitalen Dunkelkammer. Analoge und digitale Bilder in Lightroom kurz nachbearbeiten und die digitalen an den Film Look anpassen. Dann rüber in Photoshop. Über die analogen werden die Muster des kaputten Films gelegt.

Die digitalen werden über die analogen gelegt und ausmaskiert um den Filmstreifen und die Lightleaks im Bild zu haben. Entsprechend die Overlays werden dann auch über die digitalen gelegt. Damit zumindest noch ein bisschen was von dem Mensch hinter den Zerfallenen Overlays zu sehen ist, wird das Gesicht sachte noch etwas ausmaskiert und die Tonwerte nachkorrigiert.

Der Effekt ist letztlich nicht ganz der gleiche wie zu Beginn erhofft. Die digitalen Bilder dem analogen Filmlook recht nah und erhalten durch die Überliegende kaputte Filmemulsion eine eigenständige Art von Stilistik. Gerade wegen dieser Eigenheit der Bilder gefällt uns das Ergebnis.

Beitrag von Marc Holderied und Nicolaj Frank

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