Regie: Challenges und Interaktionen

Die Konzeption eines Escape Rooms kann sich in viele einzelne Gewerke untergliedern, vorrangig ist jedoch das Erlebnis der Besuchenden. Grundlegend dafür ist die Konzeption der Rollen für die Besuchenden, die einzelnen Challenges und deren Hindernisse. Challenges sind hier definiert als die Spiel Missionen, welche Besuchende absolvieren müssen um den Escape Room zu lösen. Im folgenden wird einführend zusammengefasst wie eine solche Konzeption zustande kommen kann.

Im Rahmen des kreativen Denkens können viele Methoden angewandt werden. Für unser Projekt haben wir uns entschieden, zunächst an den größeren Zusammenhängen zu arbeiten. Die Entwicklung von Charakter bezogenen Konzepten ergab sich aus der ursprünglichen Idee eines Kunstraubs. Die übergreifende Geschichte hatte Vorrang, so dass sich alle nachgelagerten Ideen schlüssig und kohärent in den größeren Kontext einfügen mussten. Die Leitfrage lautete also: Wen könnte man sich pragmatisch in einem Kunstraub vorstellen? Die Beantwortung dieser Frage führte zu einer Charakterbesetzung mit einer überwältigenden Affinität zur Technik; die Hälfte davon sind Ingenieure. Diese Besetzung scheint für einen Raubüberfall unscheinbar gewöhnlich, doch ist es dieser klassische Pragmatismus, der das Potenzial für raffinierte und einzigartige Challenges schafft.

Die Konzeption der Challenges ergab sich, ähnlich wie die Konzeption der Charaktere, aus der, zum Teil unnötig konkreten, Vorgeschichte der einzelnen Figuren. Die Details jeder Figur sind für die meisten Beobachtenden überflüssig, sind hier allerdings die Essenz der Challenges. Im Gegensatz zum pragmatischen kreativen Prozess der Charakterkonzeption mussten sich die Challenges jedoch dem entziehen, was am plausibelsten erscheint. Würde man den gleichen Denkprozess auf die Challenges anwenden, wären die Charaktere zu gewöhnlich, um die Grundlage für einen Kunstdiebstahl zu bilden. Vor diese Überlegung gestellt, wurde die umgekehrte Strategie angewandt. Welche einzigartigen Aspekte der Charaktere könnten für Challenges genutzt werden, die sich von den erwarteten Aufgaben eines Kunstraubs abheben?

Ajdans Challenge, sie ist die Architektin im Team, verkörpert am besten die Umsetzung dieser Leitfrage. In der Phase der Charakterentwicklung wurde Ajdan als Gruppenleiterin, als Führungskraft mit ausgezeichneten Kommunikationsfähigkeiten betrachtet. Diese Eigenschaft ist der Schlüssel zu ihrer Challenge, die sich auf die Fähigkeit der Spieler stützt, nur durch Sprechen miteinander zu kommunizieren.

Foto von unserem Prototyp Störsender. ©Studioproduktion EventMedia

Ein weiterer Charakter, dessen Challenge einen einzigartigen Designprozess darstellte, war Dimitri. Er wurde als klassischer Muskelprotz konzipiert. Dies stellt ein Problem dar, da die körperlichen Fähigkeiten des Spielers nicht vorhergesagt werden können und somit ein Mechanismus der tatsächliche Körperkraft erfordert, nicht in Frage kommen. Anstatt seiner allgemeinen Charakterisierung zu folgen, wurde die Herausforderung so angepasst, dass sie eine spezifische Charaktereigenschaft hervorhebt: Dimitri ist ein Türsteher. In seinem Beruf bewacht er normalerweise die Eingänge und hindert Leute am Betreten. Dies bot eine interessante Grundlage für eine kontrastierende Aufgabe, bei der er es den anderen Teammitgliedern ermöglicht, den Raub zu vollenden. Dieselbe Gegenüberstellung wurde dann als Haupthindernis für seine Challenge verwendet, die Geduld und Köpfchen statt Muskeln erfordert. Bei allen Challenges wurde aus dieser Perspektive weitere Details für die Challenges abgeleitet, welche die zuvor etablierte Handlung und Charakterarbeit erweitern. Die Interaktionen orientieren sich an den Hindernissen, die den einzelnen Charakteren zugewiesen wurden, und nicht an den traditionellen Aufgaben eines Kunstraubs. Dadurch bleibt die Handlung nachvollziehbar, auch wenn die Challenges den Vorstellungen widersprechen sollen.

Foto von Thuy-Nhien Juliane Pham. ©Studioproduktion EventMedia

Foto von Thuy-Nhien Juliane Pham. ©Studioproduktion EventMedia

Die Umsetzung der Challenges kann eine Vielzahl von Problemen mit sich bringen, deren Lösungen sich schließlich vom ursprünglichen Konzept entfernen. Um diese Probleme zu erkennen, ist das Prototyping-Verfahren wichtig, da es iterative Lösungen ermöglicht, die auf die Verbesserung des Konzepts zugeschnitten sind, anstatt an einem fehlerhaften ersten Entwurf zu verhaften. Ein großes Problem, das bei unserem Erlebnis immer wieder auftauchte, war die Kommunikation: Während die Konzepte vielen Testspielenden ansprechend und interessant erschien, hatte die Mehrheit Schwierigkeiten, die Spielmechanismen vollständig zu verstehen, selbst wenn sie die Challenge richtig absolviert hatten. Dies hinterließ bei den Spielenden ein Gefühl der Unvollständigkeit oder Unvollkommenheit. Das Spielerlebnis muss verbessert werden, auch wenn der Spielmechanismus an sich verstanden wird. Demzufolge wurden den mangelnden Anweisungen, zusätzliche Anweisungen hinzugefügt, die den Spielenden helfen können, sich wohler zu fühlen, wenn sie unsicher und verwirrt sind.

Es ist zu sehen, dass kein tief gefertigtes Konzept dem ersten Entwurf gleichen wird. Dem geschuldet, ist ein grundlegender Prozess der ständig an den Besuchenden orientierten Problemlösung. Dieser iterative Prozess, wie er oben stehend beschrieben wird, ist umfangreich und kompliziert, jedoch in seiner umständlichen Form dem kreativen Denken unentbehrlich. Selbstverständlich können und werden bei der Entwicklung des Besuchendenerlebnis weitere vertiefende Fragen gestellt und beantwortet. Die hier gewählte Methode das Konzept am übergreifendem Motiv zu orientieren präsentierte eine Möglichkeit diese zu beantworten.

Beitrag von Thuy-Nhien Juliane Pham

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert