Vor einigen Monaten entstand die Idee zu „Ex Libris“ – jetzt sind es nur noch wenige Wochen, bis unsere Produktion der Öffentlichkeit zugänglich sein wird. All unsere Gedanken nehmen langsam, aber sicher Gestalt an: eine Bibliothek wird gebaut, ein Wald entsteht und eine Geschichte wird zum Leben erweckt. Das ist der Punkt, an dem unser über Wochen hinweg entwickeltes Regiekonzept, konkret umgesetzt wird. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass unsere Arbeit als Regie beendet ist und wir nichts zu tun haben – im Gegenteil. Genau wie der Rest des Teams packen wir nun in allen Gewerken mit an, allem voran beim Bühnenbildbau. Auch wenn alle „großen“ Entscheidungen bereits getroffen sind und das generelle Konzept zu diesem Zeitpunkt nicht mehr großartig verändert wird, gilt es jetzt, die kleinen Entscheidungen zu treffen, den Feinschliff vorzunehmen und bis ins letzte Detail unsere Idee zu konkretisieren.
Der Weg in der Realität
So schön und einfach unsere Ideen teilweise zu Beginn der Produktion klangen, so kompliziert und aufwendig sind sie häufig in der Umsetzung: Wir bauen ganz einfach eine Felswand. Da hinten stellen wir einen Brunnen hin. Und unsere Bibliothek soll voll mit ganz vielen alten Büchern sein. So zumindest die Vorstellung.
Bei der Erstellung eines Konzeptes ist es zunächst sehr wichtig, sich erstmal keine Gedanken um die Realität, die Grenzen den Machbaren zu machen. Erstmal ganz frei denken – die Probleme der Umsetzung ergeben sich dann sowieso. Manchmal finden sich dann doch trotz allem kreative, einfache Lösungen für die Komplikationen. Beispielsweise fanden wir viele alte Bücher in einem öffentlichen Häuschen, die wir kostenlos mitnehmen durften. Teammitglieder besorgten weitere Bücher aus ihrem privaten Umfeld. Sponsoren schenkten uns Steine für unseren Brunnen, Freunde liehen die passende Säge aus und wir selbst lernten, wie man den Bau eines Brunnens überhaupt konzipiert und umsetzt. Auch eine Felswand haben wir am Ende mit viel Tatendrang und ungewöhnlichen Ideen gebaut.
Die Grenzen des Zauberwaldes
So märchenhaft das jetzt klingen mag, ist es allerdings im Produktionsalltag nicht so ganz. Denn die Produktion stellt uns manchmal auch vor Herausforderungen, die wir nicht kreativ und einfach lösen können. Das heißt, dass sich an der ein oder anderen Stelle auch von liebgewonnenen Ideen getrennt werden muss – ganz im Sinne des Sprichwortes „kill your darlings“. Auch wenn der Kreativität keine Grenzen gesetzt werden soll, sind sie nicht immer umgänglich. Also mussten wir uns zum Beispiel von dem Gedanken eines möglichst realistischen Waldbodens verabschieden und werden als Kompromiss nun mit einem braunen Teppich arbeiten. Aus Materialgründen entspricht die selbst gebaute Tür nicht unseren eigentlichen Vorstellungen. Aufgrund begrenzter Kapazitäten mussten beispielsweise auch bestimmte Animationen und medientechnische Interaktionen simplifiziert werden.
Unser eigenes Märchen
Natürlich sind das genau genommen Rückschläge für unsere Produktion. Aber genau das ist auch der Kern dieses Lehrprojekts – wir lernen nicht nur, unsere zunächst freien, teilweise wilden und kreativen Ideen in die Realität umzusetzen, wir lernen auch, damit umzugehen, was die Realität aus unseren Vorstellungen macht. Ein Auf und Ab, Rückschläge, Kämpfe, Niederlagen und Erfolge, wie sie in jedem dramaturgischen Grundprinzip verankert sind – und genau das macht auch diese Produktion und ihre Geschichte zu unserem ganz eigenen Märchen.
Beitrag von Meg Löffler